Stand: 25. Juni 2025
Die Welt erlebt derzeit gravierende Veränderungen. Für Millennials handelt es sich um die größten bewusst erlebten Umwälzungen und für die jüngeren Generationen um First-in-your-Lifetime Events. Gaming ist dafür bekannt, dass die Politik meist außen vor bleibt - außer sie ist Teil des Gameplays. E-Sport ist ein Musterbeispiel für grenzenlose Verständigung. Trotzdem müssen wir eine wichtige Frage stellen:
Wie beeinflusst das derzeitige Weltgeschehen
die Lieferketten für unsere Gaming PCs?
Von dieser Einstiegsfrage lassen sich noch weitere Fragestellungen ableiten:
- Werden die Komponenten teurer?
- Woher kommen unsere PC-Bauteile?
In diesem Beitrag gehen wir diesen Fragen mit einer tiefgreifenden Recherche auf den Grund.
Dieser Beitrag ist in die folgenden Abschnitte unterteilt – spring einfach zu dem Abschnitt, der dich am Meisten interessiert:
- Vorstellung von ASCII
- Allgemeine Lieferkettenanalyse von ASCII
- Lieferketten von NVIDIA
- Akademischer Fokus
- Fazit
Supply Chain Intelligence Institute Austria (ASCII)
Wir sprechen hier bei ASCII nicht von der Zeichencodierung, sondern von einem eigenen Institut für die Erforschung und Beobachtung von Lieferketten in Österreich. Diese österreichische Einrichtung wurde im Jahr 2023 gegründet. In Deutschland existiert noch keine ähnlich spezialisierte Organisation.
ASCII beschäftigt sich nicht gezielt mit Gaming-Hardware, aber die Bedeutung von Mikrochips wird häufig in deren Publikationen erwähnt und das Institut bietet einen guten allgemeinen Überblick über die Beschaffenheit von Lieferketten. So bieten sich deren Informationen gut für einen Einstieg in das Thema an.
Diese erste Grafik zeigt die derzeitige Situation der Lieferketten in Österreich, wo wir von HI-TECH for Gamers für euch fertigen.
Diese Grafik wird monatlich aktualisiert und der Effekt von globalen Ereignissen kann so fast in Echtzeit verfolgt werden. Die Zoll-Drohungen im ersten Halbjahr 2025 brachten den Austrian Supply Chain Index (ASCPI) nicht einmal in den gelben Bereich.
Das Institut sieht die US-amerikanischen Zolldrohungen aber als einen Grund für eine gedämpfte Nachfrage, wodurch die Lieferketten geschont werden. Das Zurückfahren der Produktion und die Auffüllung der Lagerbestände werden in diesem Index ebenfalls berücksichtigt. Die niedrigen Preise für Schiffscontainer aus Asien und allgemein mangelnde Engpässe bei Manufacturers – zu denen wir uns auch zählen – fließen ebenso in den Index ein. Es ist also kein Trugbild, dass sich die Lieferketten für Österreich noch im grünen Bereich befinden.
Allgemeine Analyse des Halbleitermarktes
In diesem Papier werden die globalen Produktions- bzw. Lieferketten für Halbleiter allgemein analysiert. Dabei werden Taiwan und Südkorea als bedeutend für die Produktion identifiziert. Die Vereinigten Staaten von Amerika tragen einen wesentlichen Teil zur weltweiten Forschung und Designentwicklung bei. Bezüglich Rohmaterialien und Nachfrage nimmt China die Top-Position ein. Die Grafik zeigt eine erkennbare europäische Bedeutung, aber keine Spitzenpositionen.
2021 Globale Verteilung der Halbleiter-Lieferkette (%)
Legende: USA Europa Japan Südkorea Taiwan Ukraine China
Hinweis: Die Prozentsätze sind Schätzungen basierend auf verfügbaren Daten.
Abbildung 1 von ASCII
Es muss betont werden, dass Europa 20 % der weltweit produzierten Chips verbraucht und nur 10 % davon produziert. Daraus ergibt sich eine große Abhängigkeit von anderen Weltregionen.
Bei der Herstellung von Prozessor-Chips liegen Asien und die USA klar vorne, wodurch hier eine besondere Abhängigkeit für Grafikkarten und Gaming-Prozessoren auszumachen ist.
Ein Blick in die Lieferketten von NVIDIA
Der vorherige Abschnitt hat einen wichtigen Faktor für die weiteren Betrachtungen verdeutlicht: In den USA werden die Chips in unseren Gaming PCs designt und gebaut werden die Chips anschließend in asiatischen Ländern mit einer Vielzahl an Partnern. Als Beispiel eines US-amerikanischen Unternehmens, das allen Gamern ein Begriff sein sollte, betrachten wir die NVIDIA Corporation.
Zuvor wollen wir aber noch einen schnellen Überblick über die wichtigsten Teile der Lieferkette bei der Herstellung von GPUs geben:
- Chip Design
- Herstellung der Trägerplatten (Wafer) aus Silizium
- Zusammenbau
- Verpacken und Testen
Der Designprozess der NVIDIA Grafikkarten findet in den USA statt. Abgesehen davon bietet diese Quelle einen guten Einblick in die weiteren Herstellungsprozesse. Die angesprochene Quelle nutzt in erster Linie SEC-Berichte als Datengrundlage. Demnach werden Wafer von TSMC in Taiwan und Samsung in Südkorea hergestellt. Hon Hai Precision Industry Co., Ltd. aus Taiwan, Wistron Corporation aus Taiwan und Fabrinet auf den britischen Kaimaninseln sorgen für den Zusammenbau. CoWoS in Taiwan wird für Verpackungen genannt.
Es muss erwähnt werden, dass die Zusammensetzung der Zulieferer bzw. Vertragspartner sich ständig ändern kann, aber unsere Schlussfolgerung behält trotzdem ein gewisses Maß an Gültigkeit.
Zölle zwischen den USA und der EU haben laut dieser Lieferkettenanalyse keine zollrechtliche Relevanz für die NVIDIA Grafikkarten in unseren Gaming PCs - obwohl NVIDIA ein US-Unternehmen ist. Für die europäischen Gamer bleiben also die Handelsabkommen zwischen asiatischen Ländern und der EU wichtiger.
Darüber hinaus wird wieder damit begonnen, entsprechende Produktionsstätten für GPUs in Europa aufzubauen und die KI-Möglichkeiten zu erweitern. Die Sorgen rund um Lieferketten von Gaming-Hardware dürften in den nächsten Jahren geringer anstatt größer werden, wobei die derzeitige Abhängigkeit von Asien nicht unterschätzt werden darf. Solch ein Aufbau von Produktionsanlagen erfordert nämlich meistens Jahre.
Akademischer Fokus auf die Resilienz von Lieferketten
Im Jahr 2025 erschien das Buch Management von Risiko, Nachhaltigkeit und KI in der Beschaffung und darin sprechen fünf von sechs der befragten Experten von Engpässen bei Chipsätzen bzw. Halbleitern (Ertl et al., 2025). Das Thema ist also bei den europäischen Wirtschaftstreibenden und in den Universitäten bekannt und im Gespräch.
Leider lässt sich im Bereich der Gaming-Hardware der wichtigste genannte Punkt kaum durchsetzen. Zahlreiche Zulieferer verweigern nämlich eine Offenlegung ihrer Lieferketten.
Es werden aber auch zwei andere interessante Punkte in dem Buch angesprochen. Die Abhängigkeit von Taiwan bei der Chip-Herstellung wird von zahlreichen Experten bemängelt und lokale Produktion allein wird nicht als Lösung empfunden. Der wichtigste Ansatz neben Transparenz ist also eine globale Differenzierung bezüglich des Einkaufs von Gaming-Komponenten. Wie im vorherigen Abschnitt dargelegt, werden genau in diese Richtung europäische Anstrengungen unternommen.
Fazit
Gaming PCs sind wegen ihrer Komplexität auf global vernetzte Lieferketten angewiesen. Deshalb wird die Resilienz von Lieferketten immer eine Bedeutung haben. Die Lieferanten von unseren Komponenten sind aber selbst auch so international aufgestellt, dass erst zahlreiche, multinationale Zwischenfälle wirklich gravierende Auswirkungen haben können. Zollandrohungen eines einzelnen Staates sollten demnach nicht überbewertet werden und machen die PC-Bauteile nicht zwangsläufig teurer. Außerdem bauen auch taiwanische Hersteller Produktionskapazitäten in anderen Ländern auf. Für die Lieferketten von PC-Komponenten ist nämlich nicht die Herkunft der Marke, sondern die Herkunft des physischen Produkts entscheidend.
Quellen
Ertl, C., Paetsch, C., & Floerecke, S. (2025). Dynamisches Risikomanagement – Agile und resiliente Lieferketten in Zeiten globaler Disruptionen. In W. Wellbrock & D. Ludin (Hrsg.), Management von Risiko, Nachhaltigkeit und KI in der Beschaffung (S. 49–71). Springer Fachmedien Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-47228-3_3